Flüsternde Wahrheit

Aufregung, Fantasy, epische Reisen und große Gefahren sind Euer Ding? Dann habt Ihr die richtige Geschichte angeklickt! „Flüsternde Wahrheit“ ist meine größte Fantasy-Reihe. Geeignet ist sie für alle Fantasy-Fans ab etwa 12 Jahren; meine jüngste Testleserin war 11, mein ältester 61.

Eine Anmerkung vorab: Diese Buchreihe wird gerade überarbeitet! Daher sind aktuell nur noch Restexemplare über mich erhältlich, bis die Neuveröffentlichung (etwa Mitte 2024) kommt.

Was passiert, wenn eine 17-jährige Schülerin, die seltsame Stimmen hört, erfährt, dass ihre Gabe aus einer fremden Welt stammt? Was, wenn sie für dieses Wissen in einen Krieg hineingezogen wird, der viel größer und unheimlicher ist, als sie je erwartet hätte? Was, wenn sie nicht mehr nach Hause kann?

Genau das erfahrt Ihr hier. Dieser Auszug stammt aus dem ersten Band der Hexalogie: „Flüsternde Wahrheit – Wie ein Hauch durch die Stille“. Die kursiven Textzüge hinter wörtlichen Reden sind übrigens die leisen Stimmen, die Irina hört.


Kapitel 3: Mehr als nur ein Spiel

„Ewig wird Darius sowieso nicht mehr in unserer Klasse sein“, merkte ich an.

„Stimmt, der wird durchfallen“, prophezeite Theresa.

Manuels Gesicht hellte sich auf. „Dann sind wir ihn ja bald los!“

„So bald nicht“, gab ich zu bedenken. „Es ist erst Herbst. Das Schuljahr hat letzten Monat erst angefangen, also dauert das noch etwas.“

„Egal. Hauptsache, wir haben dann unsere Ruhe vor ihm.“

„Ist euch aufgefallen, dass seine Haare heute noch mehr abstehen als sonst?“ Theresa kicherte. „Ich glaube, diesmal hat er zwei Packungen Haargel benutzt.“

Nun wanderten auch meine Mundwinkel in die Höhe. „Vielleicht als Schutzhelm, weil er Angst vor Frau Sauer hat!“

„Das rettet ihn auch nicht, wenn sie ihn zum Abendessen frisst“, ergänzte Manuel verschmitzt.

Theresa und ich brachen in noch lauteres Lachen aus. Es tat gut, sich über Darius lustig zu machen. Dadurch wirkte er weniger bedrohlich auf mich.

Als er dann jedoch an uns vorbeikam, verstummten wir sofort. Er war, gefolgt von Jessica und Olga, auf dem Weg zum Klassenzimmer. Meine Freunde und ich hatten uns absichtlich ein paar Schritte von unseren Mitschülern entfernt, damit uns niemand belausche konnte, doch Darius warf mir einen skeptischen Blick zu, als er uns passierte.

Da Jessica aber ununterbrochen auf ihn einredete, hatte er gar keine Gelegenheit, mich anzusprechen. Es war das erste Mal seit Langem, dass ich ihr für irgendetwas dankbar war.

„Und wir haben heute doch nur sechs Stunden, lass uns danach in die Stadt gehen, was meinst du?“, fragte sie.
Wie kommt man bloß an diesen Kerl ran? Der ist total distanziert!

„Wir könnten dir eine kleine Führung geben, du kennst dich hier ja noch gar nicht aus, oder?“, ergänzte Olga. „Immerhin bist du neu hergezogen!“
Wir sind so nett und hilfsbereit zu ihm, da freut er sich bestimmt.

Darius rang sich zu einem offensichtlich falschen Lächeln durch. „In der Tat, meine Ortskenntnisse dieser Stadt sind sehr beschränkt. Dennoch hege ich nicht das Verlangen, diesen Umstand zu ändern.“
Es ist für mich von keinerlei Interesse, mir Wissen über diesen Ort anzueignen. Genauso wenig wie mir nach eurer Gesellschaft oder einer Konversation mit euch Weibern zumute ist. Offensichtlich habt ihr keine Erziehung genossen, zumindest eurem Verhalten nach zu urteilen. Wäre ich nur zu Hause! Dort kann nicht jeder meine Zeit verschwenden, wie es ihm beliebt!

Sogar seine Gedanken klangen geschwollen. Wie lächerlich.

Plötzlich schaute Darius prüfend zu mir. Anscheinend wartete er auf meine Reaktion zu seinen gemeinen Gedanken. Oder auf eine Gelegenheit, das gestrige Gespräch mit mir fortzusetzen. Allerdings ignorierte ich ihn und plauderte wieder mit meinen Freunden. Ich ließ mir nicht anmerken, dass ich das Flüstern gehört hatte. Nie wieder würde ich auf den Subtext hören, von niemandem – jedenfalls nahm ich mir das vor. Klar, manche Sachen konnte man nicht ignorieren. Solche, die einschlugen wie eine Bombe, weil man sie nie erwartet hätte. Doch ich konnte es versuchen.

Altgriechisch war gerade vorbei, wir mussten nun für Chemie den Raum wechseln. Nur noch zwei Fächer, dann hatte ich wieder einen Tag in der Hölle überstanden. Ich packte mein Buch und die Aufzeichnungen von dieser Stunde ein.

Dabei hörte ich zufällig, wie Herr Schreiber mit Darius redete. „Du bist wirklich ausgezeichnet in Altgriechisch, genau wie in Latein“, lobte der Lehrer ihn überschwänglich. „Hast du dir schon mal überlegt, am Wettbewerb für alte Sprachen teilzunehmen?“
So ein Talent hatten wir noch nie an unserer Schule. Wir könnten in diesem Jahr gewinnen, wenn er zustimmt.

Darius schüttelte den Kopf und warf sich seine Schultasche in einer schnellen, kraftvollen Bewegung über. „Nein, ich möchte mich erst an diese neue Umgebung gewöhnen.“
Wettbewerbe? Pah. Zeitverschwendung.

„Natürlich, natürlich“, murmelte der Lehrer und zupfte an seinem neongrünen Pullunder, sichtlich enttäuscht. „Du wohnst ja erst seit gut zwei Wochen hier. Aber ich hoffe, es gefällt dir hier?“
Wie schade.

Ich verdrehte die Augen und stopfte mein Heft in die volle Tasche. Jetzt hatte der Kerl auch noch den sonst so fröhlichen Herrn Schreiber deprimiert. Zügig hob ich meinen Rucksack hoch.

„Allerdings, es ist wirklich schön hier“, antwortete Darius.
Ich hasse diesen Ort. Ich hasse dieses farblose Land, ich hasse diese fantasielose Realität und diese komische Technik. Doch ich muss hierbleiben, bis meine Mission erfüllt ist. Dabei möchte ich nur zurück in meine Welt.

Mir fiel die schwere Schultasche mit einem lauten Knall auf den Boden. Fassungslos, mit offenem Mund und großen Augen starrte ich den dunkelblonden Jungen an.

Seine WELT?!

Wegen des lauten Geräuschs meiner gefallenen Tasche drehte sich Darius just in diesem Moment zu mir um. Natürlich konnte ich meinen verstörten Blick nicht so schnell verschwinden lassen, obwohl ich es versuchte. Was ich soeben gehört hatte, brachte mich zu sehr aus der Fassung.

„Irina, was hast du?“, fragte Theresa besorgt. „Geht’s dir nicht gut?“

Ich reagierte nicht, starrte nur in Darius’ dunkelbraune Augen und schüttelte langsam den Kopf, als könnte ich das Gehörte dadurch vergessen.

Er erwiderte meinen entsetzten Blick mindestens genauso bestürzt. Er wirkte alarmiert, schockiert, verunsichert. Mir war klar, dass er nun wusste, was ich gehört hatte.

Meine Freundin wedelte mit einer Hand vor meinem Gesicht herum. „Hallo, Irina, was ist los?“

Manuel legte mir eine Hand auf die Schulter. „Ist dir schlecht?“

Darius war der Erste von uns beiden, der sich wieder regte. Er kam mit wenigen, schnellen Schritten zu mir gestürmt und packte mich am Arm, um mich mit sich zu ziehen.

„Ich kümmere mich um sie“, kündigte er an, während er mich aus dem Klassenzimmer zerrte.

Ohne meinen Freunden oder mir Zeit für eine Reaktion zu geben, lief er los – so schnell, dass ich kaum mitkam. Ich stolperte hinter ihm her, er zog mich weiter, auch wenn ich beinahe hinfiel. Doch wenigstens war sein Griff diesmal nicht schmerzhaft fest.

„Warte!“, rief ich, nachdem wir den ganzen Gang entlang gerannt und um die Ecke gebogen waren. „Ich kann nicht mehr, meine Tasche liegt noch im Klassenzimmer! Und ich will nicht mit dir mitgehen!“

Einige andere Schüler, die sich auf den Gängen tummelten, blickten uns irritiert nach, tuschelten über diesen merkwürdigen Anblick.

„Halt den Mund“, zischte mir Darius zu. „Hier hören uns zu viele Leute.“

Erst nach einer gefühlten Ewigkeit blieb er stehen und ließ mich los. Ich schnappte nach Luft, stützte mich mit beiden Händen auf meinen Knien ab. Meine Lunge brannte, als würde sie jeden Moment explodieren.
Wir standen im schlecht beleuchteten Keller, bei den ausgemusterten Schließfächern in der hinterletzten Ecke. Hier würde uns niemand suchen, geschweige denn finden. Ich hatte gedacht, sie wären längst entsorgt worden, wie die ausrangierten Tische und Stühle.

„Hast du noch alle Tassen im Schrank, Darius?“, schrie ich. „Was glaubst du eigentlich, was du hier machst?“

Finster sah er mich an. „Ich habe genug von diesem Theater! Es reicht! Wir sind uns beide im Klaren darüber, wem wir gerade gegenüberstehen, nicht wahr, Gedankenleserin?“

Mir klappte der Mund auf. „Ich kann keine Gedanken lesen! Bist du völlig übergeschnappt?“

Es kostete mich unendlich viel Selbstbeherrschung, nicht nach seiner Welt zu fragen, doch würde ich davon sprechen, hätte er den Beweis, dass ich die Wahrheit – und noch etwas mehr – aus seinen Worten hörte. Und diesen Beweis durfte ich ihm nicht geben.

Lange starrte er mich nur an. Unentschlossen erwiderte ich seinen Blick, dann runzelte er die Stirn. „Du hörst es nicht?“
Das kann nicht sein. Ich bin mir sicher, sie ist eine! Wie auch immer sie in diese Welt gelangt ist, sie muss eine Gedankenleserin sein! Sonst wäre sie auch nicht so angepasst an diese lächerliche Kultur.

Er wusste etwas. Über Menschen, die Fähigkeiten hatten wie ich. Er wusste etwas, das weder ich noch das Internet erklären konnten – und ich hatte lange versucht, etwas über dieses Flüstern in Erfahrung zu bringen. Ohne Erfolg. Ich hatte nur irgendwelche unheimliche Websites über besondere spirituelle Kräfte gefunden. Nichts Ernsthaftes oder gar Glaubwürdiges.

Sollte ich zugeben, dass ich etwas hörte, zwar nicht direkt seine Gedanken, aber die Wahrheit hinter seinen Worten? Sollte ich meiner unbeschreiblichen Neugierde nachgeben? Oder lieber auf meine Angst, mein Misstrauen und meinen Instinkt hören?

„Du irrst dich. Ich bin keine Gedankenleserin.“

„Deinen Reaktionen nach schon“, entgegnete Darius kurzum, die Zähne zusammengepresst.

Trotzig verschränkte ich die Arme vor der Brust, soweit es mein schmerzendes Handgelenk zuließ. „Ach ja?“

„Sobald ich etwas gedacht habe, was nicht ins Bild dieser Kultur passt, hast du mich angesehen. Mit solchem Entsetzen im Blick, dass du dich verraten hast. Und auch gestern hast du mehr als einmal auf meine Gedanken reagiert, nicht auf meine Worte.“
Das Weib will mich bloß auf die Probe stellen.

„Ich bin kein Weib! Ich bin ein Mädchen und habe einen Namen, du Mistkerl!“

Im selben Atemzug presste ich mir eine Hand auf den Mund. Verdammt. Verdammt!

Darius lächelte zufrieden. „Also doch. Wie bist du in diese Welt gekommen? Wie konntest du dich so lange verstecken?“
Es gibt tatsächlich noch eine Gedankenleserin! Es gibt noch eine!

Nun war es sowieso zu spät. Es gab keinen Grund mehr, ihn nicht auf diese Sache mit den Welten
anzusprechen. „Was meinst du ständig mit dieser Welt? Soll das heißen, es gibt noch eine andere?“
Wortlos musterte er mich – unerträglich lange, bis er seine Stimme wiedergefunden hatte. „Du begreifst wirklich nicht, was hier los ist?“

Hilflos sah ich ihn an. „Ich verstehe nicht einmal, warum ich ständig diese Stimmen in meinem Kopf höre! Ich muss doch verrückt sein!“

„Unmöglich. Du weißt nicht … wer du bist und woher du kommst?“
Also versucht sie nicht, ihre Herkunft vor mir zu verbergen?

„Ich … wurde hier geboren. Und … heiße Irina Wolf. Soweit ich weiß …“

Da lachte er plötzlich, er lachte laut und schallend. „Ich fasse es nicht!“

„Hör auf, dich über mich lustig zu machen! Erklär mir lieber, was das alles soll! Wo ist diese Welt, aus der du kommst? Was für eine Mission willst du hier erfüllen?“

Er trat direkt vor mich und beugte sich ein Stückchen herunter, sodass nur noch wenige Millimeter unsere Nasenspitzen voneinander trennten. Bei dieser unerwarteten Nähe schlug mein Herz schneller, geradezu ängstlich blickte ich Darius an und unterdrückte den Drang, wegzulaufen. Ich würde nicht nachgeben. Ich wollte erfahren, was er über mich wusste. Vielleicht bekam ich dieses ständige Flüstern dann auch endlich in den Griff.

„Was hältst du von einer Vereinbarung?“, fragte er leise.

„Eine Vereinbarung?“ Meine Stimme zitterte.

„Du hilfst mir, eine bestimmte Mission zu erfüllen, und im Gegenzug erkläre ich dir alles. Das ist nur fair, nicht wahr?“

„Das ist Erpressung! Ich weiß ja nicht einmal, was für eine bescheuerte Mission das sein soll!“

Er wirkte überrascht und brachte endlich wieder etwas Abstand zwischen uns, indem er sich aufrichtete. „Du musst doch nur in meinen Gedanken wühlen, dann weißt du, worum es geht.“
Das Weibsbild ist unaussprechlich schwer von Begriff.

„Deine Beleidigungen reichen mir. Entweder du nennst mich ab jetzt bei meinem Namen oder ich rede kein Wort mehr mit dir! Ich bin kein Weibsbild, ich bin kein Weib, ich bin keine Gedankenleserin. Ich bin Irina! Klar?“

Er zuckte mit den Schultern. „Von mir aus.“
Ist Weib in dieser Kultur etwa eine Beleidigung? Diese Welt ist absonderlich …

„Also, was ist jetzt mit dieser Mission? Ist das was Gefährliches? Oder was besonders Schwieriges?“

Da lächelte er bitter. „Sowohl als auch.“
Es wird brutal, riskant und tödlich.

„Dann mache ich nicht mit. Ich hänge zu sehr an meinem Leben, um einem Wildfremden bei so etwas zu helfen.“

Für einen kurzen Moment legte sich Wut auf seine Gesichtszüge, weshalb ich zurückzuckte. Doch dann wich sein Ärger einer völlig neutralen Miene. Als würde er mir zeigen wollen, dass er mir nichts mehr tun würde, trat er selbst einen Schritt nach hinten.

„Wie du willst. Dann erfährst du nichts darüber, wer du bist und woher du kommst.“
Wenn dir das lieber ist, nur zu.

Unwillkürlich schluckte ich schwer. Sollte ich das Risiko vielleicht doch eingehen? Aber ich konnte diesem unheimlichen Kerl doch nicht vertrauen. Oder doch? Er wusste ja nicht mal, dass ich keine Gedanken, sondern nur die Wahrheit hörte.

Darius bemerkte die Unsicherheit in meinen Augen. So trotzig wie möglich starrte ich ihn an, hielt seinem Blick sogar stand, doch zugleich fühlte ich mich schrecklich unterlegen.

Er lächelte überheblich. „Du kannst es dir jederzeit anders überlegen. Ich muss noch in dieser Welt verweilen. Denk über mein Angebot nach, und ich werde alles tun, um dir zu helfen. Denn wenn du zustimmst, kann ich endlich zurück nach Hause. Und ich werde dich beschützen, wenn du mir hilfst. Das schwöre ich dir bei meiner Ehre.“

Sofort schoss mir die Röte ins Gesicht.

Kein Flüstern. Er meinte es ernst.


Wie oben schon erwähnt, wird diese Buchreihe gerade überarbeitet. Restexemplare gibt es noch bei mir – und die Neuauflage dann bald überall!

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